Schein oder Nicht Schein-Selbständig: Das ist hier die Frage!

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StBin Silke Schneider

StBin Silke Schneider

von StBin Silke Schneider, Schneider + Kind Nistertal www.schneider-kind.de

Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern oder Freelancern

Der Fachkräftemangel ist bereits in vielen Unternehmen angekommen. Ist der Arbeitsmarkt leergefegt, müssen neue Wege der Arbeitskraftbeschaffung gegangen werden. Die Lösung liegt nahe, einen Freelancer (freien Mitarbeiter) oder Subunternehmer zu engagieren.

Aber Vorsicht! Hier droht die Einstufung als „Scheinselbständiger“.

Scheinselbständigkeit: Was ist das?

Der Begriff der Scheinselbständigkeit stammt aus dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht. Grundsätzlich ist er für steuerliche Zwecke unmaßgeblich.

Von Scheinselbständigkeit spricht man, wenn ein Mitarbeiter nach dem zugrunde liegenden Vertrag als Selbständiger Dienst- und Werkleistungen für einen Unternehmer erbringt. Tatsächlich handelt der Beauftragte aber wie ein Arbeitnehmer. Er ist in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert und arbeitet nach Anweisung.

Merkmale für eine Scheinselbständigkeit:

Folgende Kriterien sprechen für das Vorliegen einer Scheinselbständigkeit:

–          Die Verpflichtung, allen Weisungen des Auftraggebers Folge zu leisten

–          Die Verpflichtung, bestimmte Arbeitszeiten einzuhalten.

–          Die Verpflichtung, dem Auftraggeber regelmäßig in kurzen Abständen detaillierte Berichte zukommen zu lassen.

–          Die Verpflichtung, in den Räumen des Auftraggebers oder an von ihm bestimmten Orten zu arbeiten.

–          Die Verpflichtung, bestimmte Hard- und Software zu benutzen, sofern damit insbesondere Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers verbunden sind.

Derartige Verpflichtungen eröffnen dem Auftraggeber Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten, denen sich ein echter Selbständiger nicht unterwerfen muss.

Wer dagegen selbständig ist, trägt das unternehmerische Risiko in vollem Umfang selbst und kann seine Arbeitszeit frei gestalten. Der Erfolg des finanziellen und persönlichen Einsatzes ist dabei ungewiss.

Eine Scheinselbständigkeit liegt wahrscheinlich nicht vor, wenn:

–          Sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer mit Arbeitsentgelt beschäftigt werden.

–          Mehr als ein Auftraggeber vorhanden ist (pro Auftraggeber weniger als 5/6 des Umsatzes).

–          Entsprechende Tätigkeiten nicht regelmäßig von Arbeitnehmern erledigt werden.

–          Unternehmerischer Auftritt der Person. Dies ist z.B. der Fall, wenn Werbemaßnahmen für das eigene Unternehmen (z.B. Benutzung eigener Briefköpfe) durchgeführt werden oder entsprechende Kundenakquise betrieben wird.

Bei Zutreffen einiger dieser Kriterien ist eine selbständige Tätigkeit grundsätzlich ansatzweise zu bejahen. Aber die Entscheidung erfolgt nicht nur anhand dieser Kriterien. Zweifelhafte Fälle werden letztendlich unter Einbeziehung aller Gegebenheiten geprüft.

Für die Beurteilung der Merkmale ist die Ausgestaltung der Verträge zwischen den Geschäftspartnern ausschlaggebend. Aber Papier ist geduldig. Es reicht nicht, die Regelungen passend zu formulieren. Sie müssen auch tatsächlich im Berufsalltag gelebt werden.

Und wenn Scheinselbständigkeit vorliegt?

Die Scheinselbständigkeit strahlt in verschiedene Bereiche aus:

Beitragsrecht

Für scheinselbständig Beschäftigte fallen auf das gezahlte Entgelt die üblichen Sozialabgaben an. Grundsätzlich beginnt die Versicherungspflicht mit Beginn der Beschäftigung. Wird die Versicherungspflicht im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung festgestellt, können die Beiträge für die letzten 4 Jahre fällig werden, bei Vorsatz sogar für 30 Jahre. Der Auftraggeber darf aber nur rückwirkend für die letzten 3 Monate die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung einbehalten.

Lohnsteuer

Ist der Scheinselbständige auch steuerrechtlicher Arbeitnehmer, kann das Finanzamt die nicht einbehaltene Lohnsteuer vom Auftraggeber rückwirkend nachfordern. Und das sogar für 4 Jahre. Hat der Auftragnehmer  auf sein Honorar bereits  Einkommensteuer gezahlt, ist de facto keine Steuer mehr rückständig und die Haftung hinfällig. Da bei der Einkommensermittlung meist Betriebsausgaben gekürzt werden, ist die Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer höher. Das Haftungsrisiko bleibt somit bestehen.

Umsatzsteuer

Grundsätzlich kann ein Scheinselbständiger umsatzsteuerrechtlich Unternehmer bleiben. Voraussetzung ist, dass er nicht in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert und ihm nicht weisungsgebunden ist.  Ist dies aber der Fall, fällt die Unternehmereigenschaft weg. Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ist nicht mehr als Vorsteuer abzugsfähig und muss ans Finanzamt zurückgezahlt werden.

Was tun, sprach Zeus:

Sie beabsichtigen, einen Freelancer oder Subunternehmer zu beschäftigen und können nicht abschätzen, ob dieser scheinselbständig ist?

In diesem Fall sollten Sie spätestens im Monat der Beschäftigungsaufnahme das optionale Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung beantragen.

Anbieter für das Verfahren: z. B. www.statusfeststellungsverfahren.info StB dürfen nicht)

Damit vermeiden Sie rückwirkende Beitragszahlungen und Säumniszuschläge. Denn die Versicherungspflicht beginnt erst, wenn das Ergebnis des Verfahrens bekannt gegeben wurde.

Durch das Feststellungsverfahren entfällt auch die Begrenzung, nur für 3 Monate rückwirkend den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung einzubehalten.

Um auch steuerrechtlich nicht den Kürzeren zu ziehen, ist die Einholung einer Anrufungsauskunft beim Finanzamt ratsam.

Unser Tipp:

Anhand der oben genannten Kriterien kann eine erste Beurteilung erfolgen. Um sicher zu gehen, sollte eine Statusfeststellung bei der Deutschen Rentenversicherung sowie eine Anrufungsauskunft beim Finanzamt eingeholt werden.

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